Rechtsanwalt Frank Kühn aus Chemnitz berichtet über seinen Fachanwaltslehrgang im Verkehrsrecht. Was ihn bewogen hat Fachanwalt im Verkehrsrecht zu werden und wie er die Fachanwaltschaft konkret umgesetzt hat erfahren Sie hier:


Wer ich bin und warum ich Fachanwalt im Verkehrsrecht wurde

Mein Name ist Frank Kühn, ich bin 42 Jahre alt und seit 2010 Fachanwalt für das Verkehrsrecht.

Fachanwalt für Verkehrsrecht – Frank Kühn

Die Spezialisierung für dieses Rechtsgebiet stand für mich schon während meines Referendariats fest, da mich das Verkehrsrecht schon damals wegen seiner Vielschichtigkeit interessierte. So reicht dieses Rechtsgebiet von der zivilrechtlichen Schadensregulierung nach einem Unfallgeschehen oder das Gewährleistungsrecht über Verkehrsordnungswidrigkeiten und -straftaten bis hin zum verwaltungsrechtlichen Fahrerlaubnisrecht. Aus diesem Grund arbeitete ich bereits während meines Referendariats in zwei Kanzleien, die ihren Schwerpunkt im Verkehrsrecht hatten und leistete in einer dieser Kanzleien auch meine Anwalts- und Wahlstation ab. Nach dem Bestehen des zweiten Staatsexamens begann ich in dieser Kanzlei dann auch sogleich als freier Mitarbeiter zu arbeiten.

Mein Fachanwaltslehrgang Verkehrsrecht

Nur wenige Tage nach meiner Zulassung als Rechtsanwalt melde ich mich Anfang des Jahres 2006 für einen Fachanwaltslehrgang an, um meine Kenntnisse im Verkehrsrecht zu vertiefen. Ich entschied mich für einen Präsenzlehrgang von „ARBER Seminare“, welcher über einen Zeitraum von fünf Monaten in sechs jeweils dreitägigen Blöcken (jeweils von Donnerstag bis Sonnabend) in Dresden durchgeführt wurde.

Dieses Konzept gefiel mir sehr gut, da so genügend Zeit blieb, um neben dem Fachanwaltskurs der Arbeit als Rechtsanwalt nachzugehen und das Gelernte für die Klausuren zu vertiefen. Hierfür erhielten die Teilnehmer nicht nur Skripte des Seminaranbieters, sondern auch das Standardwerk „Straßenverkehrsrecht“ von Ferner aus dem NOMOS-Verlag. Die Skripte haben mir auch noch Jahre später, insbesondere als Formulierungshilfe beispielsweise für Rechtsbeschwerden in Bußgeldsachen, gute Dienste erwiesen.

Der Präsenzlehrgang bot mir zudem den großen Vorteil, andere Rechtsanwälte kennen zu lernen und mich mit diesen insbesondere zu Fachfragen auszutauschen. Da sowohl im Studium als auch im Referendariat das Verkehrsrecht trotz seiner großen praktischen Relevanz allenfalls nebensächlich behandelt wird, waren diese Kontakte zu den bereits erfahrenen Kollegen für mich sehr hilfreich.

Zugleich konnte ich mir in den Unterrichtseinheiten nicht nur detailliertes Wissen auch in den Nischen des Verkehrsrechts aneignen, sondern wurde zugleich auch auf den aktuellsten Stand der Rechtsprechung gebracht. Das führte nicht selten dazu, dass ich trotz meiner fehlenden Erfahrung als Berufsanfänger mündlichen Gerichtsverhandlungen gelassen entgegen sehen konnte, da mir das angeeignete Spezialwissen Selbstsicherheit gab, auch wenn mir im Gerichtssaal „alte Hasen“ gegenübersaßen.

Die Praxis im Verkehrsrecht

Im Nachhinein vermute ich, dass diese Selbstsicherheit auch meinen Mandanten auffiel, was nicht selten gerade nach Gerichtsverhandlungen im Rahmen von Unfallregulierungen auch noch Jahre später zu Folgemandaten, beispielsweise im Bereich des Verkehrsordnungswidrigkeitsrechtes, führte. Somit gelang es mir, die für den Fachanwaltstitel im Verkehrsrecht erforderlichen 160 Fälle in den nächsten Jahren zu bearbeiten, wobei mir natürlich auch sehr zugute kam, dass die Kanzlei, in der ich arbeitete, bereits seit vielen Jahren im Verkehrsrecht tätig gewesen ist und dadurch über einen großen Mandantenpool verfügte.

Da es für den Erhalt des Fachanwaltstitels zudem ohnehin notwendig ist, dass man seit mindestens drei Jahren als Rechtsanwalt tätig ist, blieb mir auch genügend Zeit, um diese Fälle anzusammeln. Diesbezüglich kann ich nur jedem Fachanwaltsanwärter empfehlen, die zum Nachweis dieser Fälle erforderliche Fallliste gleich von Anfang an zu führen, da das nachträgliche Eintragen von Fällen in eine solche Liste zeitaufwändiger ist als man vielleicht glauben mag. Hinzu kommt, dass man nach mehreren Jahren Rechtsanwaltstätigkeit ohnehin viel mehr Zeit für die Bearbeitung des nun angewachsenen Mandantenstamms benötigt, so dass später auch schlicht die Zeit und damit verbunden die Lust fehlt, um stundenlang längst abgearbeitete Fälle in eine Liste einzutragen.

Finanzielle Chancen des Fachanwaltstitels Verkehrsrecht

Ob sich der Fachanwaltstitel für mich hinsichtlich der Mandantengewinnung auszahlt hat, zweifele ich an. Meine persönliche Erfahrung zeigte mir, dass mich Mandanten häufig deswegen beauftragen, da sie entweder schon einmal von unserer Kanzlei vertreten gewesen sind oder sie auf Empfehlung von Bekannten oder Werkstätten bzw. Autohäusern zu mir kommen. Ich vermute aber, dass dies in anderen Rechtsgebieten anders aussehen kann, insbesondere dann, wenn ein Rechtssuchender aufgrund der Spezifik des Rechtsgebietes in seinem Umfeld keine Empfehlungen erhält.

Ich selbst beauftrage hingegen bei der Suche von Unterbevollmächtigten oder Terminsvertretern grundsätzlich Fachanwälte im jeweiligen Rechtsgebiet.

Auch finanziell habe ich nicht den Eindruck, dass sich der Fachanwaltstitel im Verkehrsrecht auszahlt. Da in diesem Rechtsgebiet die Anwaltskosten sehr häufig entweder vom Krafthaftpflichtversicherer der Gegenseite (bei Unfallregulierungen) oder aber vom Rechtsschutzversicherer des Mandanten bzw. der Staatskasse (insbesondere bei Bußgeldsachen) bezahlt werden, kann man hier nur selten mit dem Fachanwaltstitel trumpfen, da weder die Versicherer und erst recht nicht die Staatskasse Erhöhungen der anwaltlichen Gebühren wegen des Vorhandenseins eines Fachanwaltstitels akzeptieren. Selbstverständlich steht es aber natürlich jedem Rechtsanwalt frei, sich in solchen Fällen bezüglich der Differenz zwischen der von ihm als angemessen betrachteten Rechtsanwaltskosten und der erhaltenen Erstattung der Gegenseite bzw. der Staatskasse an seinen Mandanten zu halten. Ich verfolge diesen Weg jedoch in der Regel nicht.

Fachanwaltslehrgang Verkehrsrecht – Mein Fazit

Die Entscheidung für den Erwerb des Fachanwaltstitels habe ich dennoch nie bereut und würde diese Entscheidung auch heute wieder so treffen. Denn nicht nur der Wissensvorsprung unmittelbar während und nach der Fachanwaltsausbildung hilft ungemein bei der täglichen Arbeit, auch die Verpflichtung zur jährlichen Fortbildung in diesem Rechtsgebiet führt dazu, dass man sich nicht aus Trägheit oder unter dem Vorwand der fehlenden Zeit um seine berufsrechtliche Fortbildungspflicht (§ 43a Abs. 6 BRAO) drückt.

Dabei möchte ich insbesondere denjenigen, die noch ganz am Beginn ihrer beruflichen Tätigkeit als Rechtsanwalt stehen, diesen Schritt hin zum Fachanwaltslehrgang nahe legen. Neben dem Wissenserwerb fällt Berufsanfängern auch das Schreiben der Klausuren leichter, da man den Gutachten-Stil, den man häufig bei diesen Fachanwalts-Klausuren an den Tag legen soll, wenige Monate oder Jahre nach dem Studium und dem Referendariat viel leichter abrufen kann, als nach jahrelanger anwaltlicher Tätigkeit. Aber auch schon das mehrstündige Schreiben einer Klausur mit einem Stift ist man nach vielen Jahren der Berufstätigkeit schlicht nicht mehr gewöhnt.

Überdies ist es kein Geheimnis, dass die Seminaranbieter sehr häufig Rabatte für Berufsanfänger und insbesondere auch Referendare gewähren. Insbesondere in der aktuellen Zeit, bei der aufgrund der Corona-Epidemie die Referendariatsausbildung mitunter um ein halbes Jahr verlängert wird, sollten Referendare diese Möglichkeit der Spezialisierung ins Auge fassen. So viel Zeit, wie man sie als Referendar hat, wird man später als Rechtsanwalt häufig nicht mehr haben, so dass man mit der Belegung eines entsprechenden Fachanwaltskurses schon während der Referendariatszeit gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen kann.

Schließlich sollte sich auch jeder, der sich für die Belegung eines Fachanwaltskurses entscheidet, Informationen einholen, ob es möglich ist, sich einen Teil der Kosten des Fachanwaltslehrganges über öffentliche Programme oder Bildungsschecks fördern zu lassen. Hier sind die Voraussetzungen von Bundesland zu Bundesland jedoch sehr unterschiedlich.

Da mich mein Rechtsgebiet bereits vollständig auslastet, beabsichtige ich nicht, mich um einen weiteren Fachanwaltstitel zu bemühen, zumal mein Kanzleipartner bereits aktuell auf dem Weg ist, den Fachanwalt auf dem Gebiet des Transport- und Speditionsrechtes zu erwerben und hierfür bereits seinen Lehrgang erfolgreich abgeschlossen hat.


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Die Frage der wirtschaftlichen Aussichten eines Fachanwaltes im Verkehrsrecht und einige weitere Aspekte klären wir in diesem Artikel: Der Fachanwaltstitel Verkehrsrecht.

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